Frische Spur nach 70 Jahren by Wolf Stefan

Frische Spur nach 70 Jahren by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


10. Lola trabt

Tim war nachdenklich, als TKKG zum Präsidium radelten. Klaus Nocke ging ihm nicht aus dem Kopf. Nicht etwa, weil Hildes Enkel ein beeindruckender Typ gewesen wäre — davon war Omas Liebling Lichtjahre entfernt sondern wegen des Blicks. Der Piano-Player hatte geglotzt, als verstünde er die Welt nicht mehr. Ziel seiner Augen war nicht Tim gewesen, sondern dessen Freunde — die schon ein Stück weiter stadtwärts waren und dicht beieinander. Wem hat diese glotzende Aufmerksamkeit gegolten?, überlegte der TKKG-Häuptling. Gaby? Karl? Klößchen? Oder allen dreien?

„Heh, Tim!“, rief Gaby, die neben ihm fuhr. „Träumst du von besseren Zeiten?“

„So würde ich dich nicht bezeichnen“, grinste er. „Obwohl mit dir natürlich alles besser wird. Zu jeder Zeit.“ Gaby lachte. „Du kannst mir trotzdem sagen, woran du wirklich gedacht hast.“

„An dich natürlich.“

„Schwöre!“

„Klaus Nocke.“

„Ah.“

„Euch konnte das nicht auffallen. Aber ich habe seinen Blick aufgefangen. Der war einerseits verstört, andererseits feindselig.“

„Als hätten wir seine Oma behelligt?“

„Keine Ahnung. Jedenfalls denke ich jetzt darüber nach. Aber mir fällt keine Erklärung ein.“

„Wir werden schon dahinter kommen.“

„Immer, Pfote. So, da sind wir.“

Sie hatten das Polizei-Präsidium erreicht. Hier war auch am Samstag ein Mordsbetrieb. Gabys Vater befand sich ja leider auf Lehrgang. Also schnürten TKKG wohl oder übel zu Kommissar Graif, der als leidenschaftlicher Innendienstler an seinem Schreibtisch saß, vergraben hinter unbearbeiteten Akten.

Von Graif erfuhren sie, dass sich hinsichtlich des Räuber-Pärchens noch kein Fahndungserfolg ergeben hatte — wie sollte es auch in so kurzer Zeit!

Dann staunte der Kommissar über das, was TKKG ihm berichteten. In knapper Form erfuhr er, was Sache war, und den Zusammenhang. Wie wild machte er sich Notizen. Hinsichtlich des zu erwartenden Kindergarten-Brandanschlags benahm er sich stoisch (gleichmütig).Diese Milchtüten-Horte hätten samstags geschlossen, erklärte er. Also wäre nichts zu befürchten.

Tim wies nachdrücklich darauf hin, die Presse außen vor zu lassen im Hinblick auf Beates Tagebücher. Und überhaupt: Auch Hilde Nocke dürfe nicht ins Spiel gebracht werden. Öffentliche Familienschande als Medien-Nachklapp nach 70 Jahren — das hatte die alte Dame nicht verdient.

Graif versprach, in dieser Hinsicht sein Bestes zu tun. Aber wenn jemand sein Bestes tut, ist das ja meistens zu wenig und heißt im Klartext, er könne für nichts garantieren.

Tim beschloss auch gleich innerlich, notfalls hart auf den Pudding zu hauen und die Malerin zu schützen.

Immerhin erfuhren sie jetzt, dass der Nocke-Einbruch nicht von Graif bearbeitet wurde, sondern von dessen Kollegen Frischlingen Und dieser noch junge Kommissar — der auch gern als Undercover-Ermittler, also heimlich und verdeckt, in den kriminellen Sumpf der Millionenstadt eindrang — wurde von Gabys Vater geschätzt und war bei TKKG sehr beliebt.

Er hatte Dienst. Sein Büro roch nach Rasierwasser. Frischlinger kaute Kaugummi, weil — wie er sagte — diese Bewegung und der Speichelfluss das Gehirn anregen. Auf dem Schreibtisch stapelten sich noch mehr Akten als bei Graif. Auch die Regale waren proppenvoll. Frischy, wie er genannt wurde, hatte einen Tick, trug nämlich gern die neueste Trend-Frisur, wobei ihm sein dichter Haarschopf zugute kam. Heute war das Deckhaar kurz geschnitten, wie Tim feststellte, mohrrüben-blond gefärbt, und mit Gel zu Spitzen geformt. Der Anblick erinnerte teils an ein Stoppelfeld, um das sich der Bauer nicht kümmert, teils an ein ungebürstetes Rattenfell.



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